Der größte und interessanteste Gesundheitsmarkt der Welt befindet sich in den USA, wo aber auch europäische Konzerne erfolgreich unterwegs sind.
Wie sieht es bei den Kosten im Gesundheitssektor in den beiden Regionen aus?
Ein populäres Medikament gegen Neurodermitis und Asthma ist Dupixent. Zwei Injektionen davon kosten in den USA umgerechnet 3.575 Euro, was mehr als Doppelte des Listenpreises in Deutschland mit 1.483 Euro entspricht. Für das weltweit meistverkaufte Krebstherapeutikum, Keytruda, zahlt man in Deutschland für eine 100-Milligramm-Dosis ca. 3.000 Euro, während es in den USA umgerechnet über 5000 Euro sind. Die Liste lässt sich beliebig verlängern und das nicht nur für Arzneimittel. Der Preis für eine Kaiserschnittgeburt in einem US-Krankenhaus entspricht schnell dem Wert eines Kleinwagens. Ein MRT ist zum Beispiel um ein Vielfaches teurer als in Deutschland.
In den USA fließen mehr als irgendwo anders auf der Welt Gelder in den Healthcare-Bereich. 2021 waren dies 17,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die Gründe dafür sind ganz einfach zu erklären: weniger staatliche Regulierung bei der Preisbildung und ein starkes System privater Krankenversicherungen. Jährlich werden rund 600 Milliarden Dollar allein mit Medikamenten umgesetzt. Die Amerikaner dominieren in diesem Bereich die Forschung und bieten ein hervorragendes Umfeld für Start-ups.
Daher überrascht es nicht, dass sich der MSCI-USA-Health-Care-Index langfristig deutlich besser entwickelt als sein europäisches Pendant. Das liegt an einen wesentlich dynamischeren Branchen-Mix, während es bei Einzeltitel weniger eindeutig aussieht.
Der unternehmerische Erfolg im Gesundheitssektor muss aber nicht nur „Made in USA“ sein. Die Outperformance erklärt sich dadurch, dass die beiden Indizes sehr unterschiedlich zusammengesetzt sind. Im Index MSCI-Europe-Health-Care haben die als defensiv geltenden Pharma-Konzerne einen Anteil von 76 Prozent. Biotechnologie dagegen, wachstumsstark und risikoreicher, ist nur mit 3,6 Prozent vertreten. Im Index MSCI-USA-Health-Care sind die großen Pharma-Titel nur mit 29 Prozent vertreten, während Biotechnologie mit 17 Prozent vertreten ist. Zusätzlich haben Ausrüster, Servicefirmen und Krankenversicherer ein relativ hohes Gewicht. Aus Aktionärssicht ist das insgesamt eine deutlich dynamischere Mischung.
Für den Erfolg eines einzelnen Konzerns ist somit nicht dessen Herkunft entscheidend, sondern ein gut aufgestelltes US-Geschäft. Das Wichtigste aber sind Innovationen. Trotz des Heimvorteils der US-Unternehmen können aber auch viele europäische Konzerne bei beiden Faktoren kräftig punkten und ihre Attraktivität für Anleger beweisen.
Welche interessanten Einzelwerte gibt es?
Novo Nordisk: Der dänische Gesundheitskonzern ist stark im Bereich Diabetes. Man hat mit Wegovy ein Medikament entwickelt, das stark Übergewichtige deutlich abnehmen lässt. Das führte dazu, dass 2022 die Nachfrage das Angebot übertraf. Man wird in den kommenden drei Jahren im Durchschnitt das stärkste Umsatz- und Gewinnwachstum in der gesamten europäischen Pharma-Branche erzielen. Z. Zt. wird in einer Studie untersucht, ob die Gewichtsabnahme auch zu weniger Herzinfarkten und Schlaganfällen führt. Das Ergebnis sollte in zweiten Jahreshälfte 2023 vorliegen. Das wäre dann für die eigentlich schon hoch bewerte Aktie (KGV 2023 ca. 30) ein möglicher Auslöser für weiter steigende Kurse.
Man sieht, dass die Aktie sich sehr gut entwickelt hat in den letzten 5 Jahren. Ein Kauf lohnt aus charttechnischer Sicht erst wieder bei Eintauchen in die Kaufzone bei ca. 105 – 115 €.
Merck wäre aus Sicht der Charts eher im Bereich unter 160 € ein Kauf. Ein zweites „Abstauerlimit“ macht um die 140 € Sinn.
AstraZeneca geht im Prinzip seit ca. einem Jahr seitwärts. Ein wünschenswerte Kaufniveau wäre um die 100 €. Dann wäre auch ein KGV von 15 für 2023 sehr attraktiv.
Eli Lilly ist mit einem KGV 2023 von ca. 35 relativ teuer. Sowohl aus charttechnischer Sicht wie auch aufgrund der Bewertung wäre ein Niveau von 200 – 250 € eher für einen Kauf geeignet.
DexCom ist mit einem KGV von ca. 100 sehr teuer. Die Schankungsbreite war in den letzten Jahren zwischen 75 und 160 enorm. Ein attraktives Kaufniveau wäre eher wieder bei einem Rückschlag Richtung 80 € gegeben.
Kann man auch in ETFs anlegen?
Es gibt für Anleger eine große Auswahl an Indexfonds, um entweder auf den amerikanischen oder auf den europäischen Gesundheitssektor zu setzen (Beispiele siehe Tabelle). Man kann aber auch über einen globalen Healthcare-ETF in die Blue Chips beider Kontinente (70 Prozent USA und Top-Unternehmen aus Europa) investieren.
Fazit:
Interessante Branche mit langfristig weiterhin großem Potential. Allerdings zeigen auch die Chartbilder der genannten ETFs klare Schwächesignale. Deshalb empfiehlt es sich mit Käufen abzuwarten und eher – wie auch bei den Aktien – nach einer Korrektur von 10 – 20 Prozent zu kaufen.*
*Die in diesem Beitrag geäußerte Meinung stellt keinerlei Aufforderung zum Handeln dar, ebenso KEINE ANLAGEBERATUNG und keine EMPFEHLUNG ZUM KAUF ODER VERKAUF VON WERTPAPIEREN.
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