Historie
Im Jahr 2009 wurde der Sparerpauschbetrag eingeführt, der seitdem 801 Euro pro Kopf, bei Ehepaaren dementsprechend 1.602 Euro, betrug. Damit wurde festgelegt, wie viele Zinsen, Dividenden und Kursgewinne Anleger im Jahr verbuchen können, ohne dass sie darauf Abgeltungsteuer entrichten müssen. Der damals eingeführte Freibetrag stellte eine deutliche Verschlechterung zur vorherigen Regelung dar. Zuvor waren Kursgewinne nach zwölf Monaten komplett steuerfrei. Durch die seitdem aufgelaufene Geldentwertung stellt er heute kaufkraft-bereinigt viel weniger frei als 2009 – nämlich rund ein Viertel. Das zeigt, das Privatanleger und Selbstentscheider von der deutschen Politik seit vielen Jahren bestenfalls stiefmütterlich behandelt werden. Man kann als Vorsorgesparer den Eindruck gewinnen, dass die Bedingungen für den Vermögensaufbau in Deutschland Jahrzehnt für Jahrzehnt schlechter werden.
Was ändert sich per 01.01.2023?
Im Jahr 2023 aber wird es zum ersten Mal seit sehr langer Zeit eine – kleine – Verbesserung geben: Der Sparerpauschbetrag wird angehoben auf 1.000 Euro pro Kopf (= 2.000 Euro pro Ehepaar). Verglichen mit dem Kaufkraftverlust seitdem müsste er eigentlich schon bei 1.048 Euro liegen. Deshalb nachstehend noch ein paar Hinweise, wie man als Anleger Steuern sparen und sich finanziell besser-stellen kann.
In der Praxis funktioniert die Berechnung der sogenannten Abgeltungssteuer auf Zinsen, Dividenden, Kursgewinne wie folgt: Grundsätzlich behält jede in Deutschland tätige Bank von den Kapitalerträgen 25 Prozent Abgeltungsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag ein. Das sind zusammen circa 26,4 Prozent plus eventuell auch Kirchensteuer, die sofort fällig wird. So erhält ein Anleger in diesem Beispiel von 100 Euro Ertrag nur ungefähr 73,60 Euro auf sein Verrechnungskonto.
Viele Anleger nutzen aber die Möglichkeit eines Freistellungsauftrags bei der Bank. Dabei gehen Zinsen, Dividenden und Kursgewinne so lange steuerfrei auf dem Konto ein, bis der Pauschbetrag ausgeschöpft ist. Ab dann greift das Finanzamt mithilfe der Banken wieder zu, und es werden 26,4 Prozent einbehalten. Wer keinen Freistellungsauftrag hinterlegt hat, aber eine Steuererklärung macht, bekommt den Freibetrag auf Kapitalerträge im Nachhinein angerechnet. Hat man bei mehreren Banken Kapitalerträge, raten Experten, den Freistellungsauftrag bei einem einzigen Institut zu hinterlegen (dort wo die höchsten Erträge anfallen) und hier den vollen Sparerpauschbetrag auszuschöpfen. Wer den Freistellungsauftrag in voller Höhe bei einer Bank hinterlegt hat, muss keine Anpassung vornehmen: Der Pauschbetrag erhöht sich 2023 automatisch auf 1000 Euro (2000 Euro bei Paaren).
Wer den Pauschbetrag allerdings auf verschiedene Banken verteilt, muss dann aber darauf achten, dass die erlaubte Gesamthöhe nicht überschritten wird. Als Konsequenz würden dann zu wenig Steuern an den Staat fließen, was den zuständigen Finanzbeamten gar nicht gefallen würde. Unterjährige Anpassungen des Freibetrags sind nur dann möglich, wenn der Betrag noch nicht ausgeschöpft wurde.
Sparer können zudem zur Reduzierung ihrer Steuerlast Gewinne neutralisieren. Wenn bei einer Aktie Kursverluste aufgelaufen sind, können diese mit Kurs-gewinnen verrechnet werden. Dabei ist zu beachten, dass sowohl Gewinne als auch Verluste realisiert werden müssen, um diesen Effekt zu erzielen. Wenn diese auf dem gleichen Depot anfallen, verrechnet die Bank das automatisch. Ansonsten werden Verluste bis ins nächste Jahr weitergetragen und können dann erneut realisierte Gewinne ausgleichen. Wer Kunde bei verschiedenen Instituten ist, kann sich realisierte Verluste bei der jeweiligen Bank bescheinigen lassen. In der Steuerbescheinigung kann diese dann mit aufgenommen werden und so im Nachhinein noch Gewinne neutralisieren, die bei einem anderen Institut anfielen. Allerdings gibt es einen Stichtag für die Beantragung der Verlustbescheinigung: jeweils der 15. Dezember eines Jahres.
Bei einer unterjährigen Neutralisierung gilt es einiges zu beachten. Es gibt verschiedene Verlustverrechnungstöpfe mit teilweise unterschiedlichen Bedingungen:
• Kursverluste und -gewinne müssen aus der gleichen Anlageklasse stammen.
• Aktien sind dabei in einer anderen Anlageklasse als Aktienfonds.
• Deshalb können Kursverluste aus Optionsscheinen oder ETFs (Indexfonds) keine Kursgewinne ausgleichen, die mit Dividendenpapieren erzielt wurden.
• Verluste aus Optionsscheinen können dagegen mit Gewinnen aus ETFs verrechnet werden.
• Termingeschäfte bilden nochmal einen eigenen Verrechnungstopf (sh. unten)
• Weder Optionsscheine noch Knock-out-Zertifikate zählen als Termingeschäfte, wie aus einem neuen Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) hervorgeht.
• Noch mal andere Regelungen gelten für Sachwerte und private Veräußerungsgeschäfte, wie der Gesetzgeber sie nennt (sh. unten)
Experten warnen zudem vor einer weiteren Tücke des deutschen Steuerrechts: Wertpapiere zu veräußern, um sie dann zeitnah zurückzukaufen, ist nicht unbedingt eine gute Idee. Die Finanzbehörden würden hier häufig einen sogenannten Umgehungstatbestand sehen, wie er in Paragraf 42 der Abgabenordnung niedergelegt ist („Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten zum Zwecke der Steuerumgehung oder Steuerverkürzung“). Diese Auslegung der Ämter ist umstritten, sollte aber trotzdem vorher genau überlegt werden.
In der Kategorie „Termingeschäfte“ können seit 2021 nur mehr Verluste bis maximal 20.000 Euro im Jahr geltend gemacht werden. Gewinne aus Termingeschäften können Anleger nur mit gleichartigen Verlusten verrechnen. Für Privatanleger hat diese Neuregelung die Attraktivität von Derivaten (Optionen, Futures, CFDs) als Absicherungsinstrumente deutlich verschlechtert. Deshalb kann es für vermögende Investoren, die diese Instrumente nutzen wollen, sinnvoll sein, eine vermögensverwaltende GmbH zu gründen. Innerhalb einer solchen GmbH ist die Verlustverrechnung weiterhin in voller Höhe möglich, auch über 20.000 Euro hinaus.
Anders als bei Wertpapieren ist bei Sachwerten und privaten Veräußerungs-geschäften, die Frist ganz entscheidend. Das betrifft Gewinne, die aus Kauf und Verkauf zum Beispiel von Edelmetallen entstehen:
• Liegen zwischen Kauf und Verkauf weniger als zwölf Monate, sind Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften zu versteuern – und zwar mit dem persönlichen Einkommensteuersatz.
• Somit sind aber im Umkehrschluss Gewinne, die außerhalb dieser sogenannten Spekulationsfrist erzielt wurden, steuerfrei.
• Wer also zum Beispiel Goldmünzen nach 13 Monaten oder 13 Jahren Haltedauer wieder veräußert, muss auf die Differenz keine Steuern zahlen – weder Abgeltungsteuer plus Soli noch Einkommensteuer.
• Das Gleiche gilt für Kryptowährungen wie z. B. Bitcoin.
• Allerdings wirken nach mehr als zwölf Monaten Haltedauer Verluste aus Veräußerungsgeschäften ebenfalls nicht mehr gewinnmindernd.
• Für Kunst, Luxusuhren oder Classic Cars gilt das Gleiche.
• Immobilien bilden wiederum eine andere Kategorie. Anders als bei „beweglichen Wirtschaftsgütern“ beträgt die Spekulationsfrist bei Immobilien zehn Jahre.
Ausländische Quellensteuern sind für viele Anleger ein schwieriges Thema. Eigentlich hat Deutschland mit vielen Staaten ein Doppelbesteuerungs-abkommen geschlossen, die eine doppelte Besteuerung verhindern sollen. Trotzdem behalten die meisten Staaten eine Quellensteuer auf Zinsen und Dividenden ein und auf den verbleibenden Betrag werden dann hier noch mal deutsche Abgeltungsteuer und Soli fällig. Deshalb kommen dann oft weniger als 70 Prozent der Erträge beim Anleger an. Manche Banken bieten die Möglichkeit an, eine Freistellung von ausländischen Quellensteuern vorab zu beantragen, was aber nicht in jedem Land funktioniert. Anleger müssen sich dann aufwendig (Unterlagen besorgen, ausfüllen, zurücksenden) die zu viel gezahlte Steuer von den Finanzbehörden des jeweiligen Staates zurückholen. Allerdings gibt es Apps wie Divizend oder Raquest.de, welche eine automatisierte Rückholung ausländischer Quellensteuer ermöglichen, freilich nicht aus jedem Land.
Über die Fonds-Vorabpauschale müssen sich Anleger 2023 noch keine Sorgen machen. Der Basiszins, der für die Berechnung dieser Pauschale herangezogen wurde, war im vergangenen Jahr noch bei null. Deshalb wird es keine Vorabpauschale geben, also erst wieder 2024 ein Thema werden. Dann allerdings müssen Anleger, die nicht ausschüttende (thesaurierende) Fonds halten, dafür sorgen, dass zu Beginn des Jahres genügend Geld auf dem Verrechnungskonto ist, da die Bank davon die Pauschale automatisch abzieht. Ist das Verrechnungskonto nicht gedeckt, drohen Sollzinsen, die Anleger steuerlich nicht absetzen können, ebenso wenig wie die Zinsen auf Lombarddarlehen für Wertpapierkredite.
Insgesamt sollten Anleger ihre Investmententscheidungen nie nur vom Fiskus und dessen Begehrlichkeiten abhängig machen: „Steuere nicht nach Steuern“. Mögliche steuerliche Auswirkungen sollten also bei der Geldanlage nie im Vordergrund stehen.
Hinweis: Die o.g. Ausführungen sind die Privatmeinung des Autors und erheben keinen Anspruch auf Richtigkeit oder Vollständigkeit. Je komplexer die Vermögens- und Steuersituation, desto mehr macht es Sinn, sich an einen Steuerfachmann/-berater zu wenden.
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