Die Schwankungen an den Kapitalmärkten werden als Volatilität bezeichnet. Bei steigenden Aktienmärkten ist sie meist niedrig, bei fallenden Kursen geht sie oft stark nach oben. In den USA wird sie mit dem sogenannten VIX-Index gemessen.
Was ist der VIX-Index?
Der VIX (Volatility Index) ist ein bekannter Finanzindex, der oft als „Angst-Index“ oder „Fear Index“ bezeichnet wird. Er wurde 1993 von der Chicago Board Options Exchange (CBOE) eingeführt und misst die erwartete Volatilität oder Schwankungsbreite des US-amerikanischen Aktienmarktes in den nächsten 30 Tagen.
Der VIX basiert auf den Optionspreisen des S&P 500-Index, einem der wichtigsten Aktienindizes der USA. Er wird auch oft als „Marktstimmungsindikator“ betrachtet, da er die allgemeine Nervosität oder Sorglosigkeit der Anleger widerspiegeln kann. Ein hoher VIX-Wert zeigt an, dass die Marktteilnehmer eine erhöhte Volatilität und Unsicherheit erwarten, während ein niedriger VIX-Wert auf eine geringere erwartete Volatilität hinweist, was auf ein höheres Maß an Zuversicht und Stabilität hindeuten kann.
Wie kann man den VIX-Index nutzen?
Der VIX wird oft von Händlern, Investoren und Analysten genutzt, um die Risikobereitschaft der Märkte zu beurteilen und potenzielle Wendepunkte oder Turbulenzen am Aktienmarkt zu erkennen. Er kann auch als Absicherungsinstrument verwendet werden, da er invers mit den Aktienmärkten korreliert. Wenn die Aktienmärkte fallen und der VIX steigt, können Anleger durch den Handel mit VIX-Futures oder -Optionen versuchen, Verluste in ihren Portfolios abzufedern.
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass der VIX keine Vorhersage für die Richtung des Marktes darstellt, sondern lediglich die Markterwartungen in Bezug auf die zukünftige Volatilität widerspiegelt. Daher sollte er immer im Kontext anderer Analysetools und -indikatoren betrachtet werden, um eine fundierte Investmententscheidung zu treffen.
Wie ist die aktuelle Situation Ende Juli 2023?
Die Volatilität an den Aktienmärkten hat derzeit – sowohl in den USA wie auch in Deutschland – in etwa wieder das tiefe Niveau von Anfang 2020 erreicht. Das sollte zumindest ein Warnzeichen für mehr Vorsicht betrachtet werden. Denn kommt es zu einem Volatilitätsimpuls wie im Coronacrash im März 2020, dauert es meist viele Quartale, bis die Volatilität das Vorkrisenniveau wieder erreicht. Dieses Tempo der Normalisierung ist bemerkenswert, denn immerhin wurde dieser Trend 2022 durch einen Bärenmarkt unterbrochen.
Nach der Finanzkrise 2008 dauerte es bis 2014, bis das Vorkrisenniveau wieder erreicht wurde. Auch nach dem Platzen der Internetblase zur Jahrtausendwende wurden vier Jahre benötigt. Dies könnte daran liegen, dass die Notenbanken mittlerweile sehr effizient in der Bekämpfung von Krisen geworden sind.
Bleibt die Volatilität jetzt dauerhaft niedrig?
Das bedeutet natürlich nicht, dass die Volatilität nicht auch wieder systematisch ansteigen kann. Die Schwankungsbreite kann auch ohne Krise, die einer Intervention bedarf, höher sein. Im kurzfristigen Zeitfenster ist ungefähr ab jetzt mit höherer Volatilität zu rechnen. Saisonal betrachtet fällt die Volatilität von Januar bis Juli und steigt dann bis Oktober an. Ein dünnes Handelsvolumen trifft im Sommer auf die Angstmonate September und Oktober, denn in dieser Phase kommt es ungewöhnlich oft zu nennenswerten Rücksetzern. Mit der üblichen Erholung zum Jahresende fällt die Volatilität dann wieder.
Wie könnte sich die Volatilität kurz- bis mittelfristig entwickeln?
Da sich der VIX bisher an diese Saisonalität hält, könnte auch dieses Jahr in den nächsten Monaten wieder ein Anstieg der Schwankung drohen. Im mittelfristigen Zeitfenster sieht es auch nicht besser aus. Auch hier sollte man sich als Anleger auf einen höheren VIX einstellen. Denn dieser folgt mit 30 Monaten Verzögerung der Zinskurve. Die Zinskurve wiederum deutet wirtschaftlich schwierige Zeiten an. Ist die konjunkturelle Lage unsicher, sind auch Anleger verunsichert. Ist der Ausblick unklar, sind Aktienkurse höheren Schwankungen unterworfen. Der Zusammenhang von Zinskurve und Volatilität macht also Sinn. In der Theorie steht Anlegern somit bis Anfang 2026 eine unruhige Zeit voraus. Ein absolut exaktes Timinginstrument ist die Zinskurve nicht, zumal sie aktuell aus verschiedenen Gründen ein Fehlsignal liefern könnte.
Fazit:
Bis Jahresende ist es durchaus wahrscheinlich, dass der typische saisonale Verlauf hält und die Volatilität wieder ansteigt. Ob sich der übergeordnete Trend zu höherer Volatilität bereits jetzt etabliert, bleibt aber abzuwarten.
„Welche Fonds/ETFs sollte man sich in einer Phase steigenden Volatilität einmal näher anschauen: zum Beitrag (Mit dem Thema „Volatilität“ mein Depot bereichern)
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