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Immobilien-Aktien

Die Aktien von Immobilienfirmen sind durch den starken Zinsanstieg eingebrochen. Es gibt nicht wenige Marktteilnehmer, die noch weitere 50-Prozent an Kurseinbruch erwarten.

Quelle: Welt

Ist diese Prognose realistisch?

Last uns das am besten am Beispiel von Vonovia überprüfen. In den letzten 10 Jahren wurde aus dem einstigen Konglomerat diverser Mietwohnungen der größte Immobilienkonzern Europas aufgebaut. Mittlerweile ist man Eigentümer von ca. 550.000 Wohnungen in Deutschland, Österreich und Schweden. Doch nun muss das Management zeigen, dass man nicht nur schnelle Expansion, sondern auch Krise kann.

Denn gewachsen ist der Konzern mit dem Kauf immer weiterer Wohnungspakete und der Übernahme von Mitbewerbern wie zuletzt der Deutsche Wohnen im Mai 2021. Das Ganze wurde aber hauptsächlich mit Krediten finanziert. Der Schuldenberg betrug Ende 2022 rund 67 Mrd. Euro, was in den Jahren niedriger Zinsen kein großes Problem gewesen war. Denn man konnte die Verbindlichkeiten bequem aus den Mieteinnahmen bedienen. Man hatte sogar noch genug übrig, um an die Aktionäre attraktive Dividenden auszuschütten.

Doch durch die Zinserhöhungen der Europäischen Notenbank funktioniert das Geschäftsmodell nicht mehr, denn die Kosten für die Darlehen sind kräftig gestiegen. Bei börsennotierten Wohnungsbaugesellschaften ist die daraus entstehende Folge klar: Die Investoren stoßen die Aktien in großer Zahl ab und reißen damit die Kurse in die Tiefe.

Der Wert der Vonovia-Aktie verlor seit dem Hoch im August 2021 70 um mehr als 70 Prozent an Wert. Weitere Beispiele sind die Aktien der AdlerGroup (26.250 Mietwohnungen in Deutschland), die zeitgleich um 93 Prozent abgestürzt sind von ca. 55 auf unter einem Euro. Der Börsenwert der in deutsche und niederländische Gewerbe- und Wohnimmobilien investierten Aroundtown verlor mehr als 75 Prozent. Die Papiere der LEG Immobilien (167.040 Mietwohnungen) und des Gewerbeimmobilieninvestors DIC Asset verloren jeweils rund 50 Prozent.

Was ist nun das Ziel?

Die Unternehmen müssen ihre Schulden reduzieren. Vonovia möchte beispielsweise in den kommenden Jahren Wohnungen im Wert von 13 Milliarden Euro verkaufen, um ihre Schuldenlast zu drücken.

Was sagen die Anleger und Analysten dazu?

Die Anleger befürchten einen solchen Ausverkauf. Sie sehen darin die Gefahr, dass die Unternehmen aufgrund der hohen Zinsen zurzeit nur Wohnungen in guten Lagen zu halbwegs attraktiven Preisen losschlagen können und sich damit um ihr Tafelsilber bringen – und die Aktionäre um ihre verbliebenen Dividenden.

Aaron Guy, Analyst der New Yorker Großbank Citigroup, prognostiziert sogar, dass die Notierungen noch tiefer sinken werden. Die Kurse europäischer Immobilienaktien könnten um weitere 50 Prozent fallen, da der Zinsanstieg und die schwache Konjunktur die Banken zu hohen Risikoaufschlägen bei Immobilienkrediten zwingen würden.

Deutsche Immobilienunternehmen sind von den Zinssteigerungen am stärksten betroffen, da sie ihr aggressives Wachstum in der Vergangenheit mit immer höheren Schulden gestemmt haben. Die Kurse deutscher Immobilienaktien sind in den vergangenen vier Quartalen um durchschnittlich 56,4 Prozent eingebrochen. Französische Branchenwerte haben in dieser Zeit nur 11,8 Prozent verloren und niederländische 23 Prozent. US-Werte büßten von Anfang April 2022 bis Ende März dieses Jahres nur 20,9 Prozent ein.

Dieser hohe Verschuldungsgrad der deutschen Immobilienunternehmen setzt sie von zwei Seiten unter Druck: Auf der einen Seite verteuern sich die Kosten für die zur Refinanzierung anstehenden Kredite. Auf der anderen Seite drücken die höheren Zinsen die Immobilienpreise. Bei steigenden Zinsen müssen zwangsläufig die Marktwerte von Gebäuden sinken, da sonst die Rendite aus den Mieteinnahmen in Relation zum Kaufpreis auf ein für den Erwerber nicht mehr akzeptables Niveau schrumpfen würde. D. h. der Immobilienwert in den Portfolios der Unternehmen muss abgeschrieben werden, was aber in den Bilanzen nur unzureichend umgesetzt wurde. Das Risiko weiterer Wertberichtigungen ist somit relativ groß.

Was sollte man sich als Anleger verhalten?

Trotzdem sind die Abschläge in den Börsenkursen bei einigen Immobilien-Unternehmen schon extrem. Ob man dementsprechend einzelne Aktien bereits ins Depot nimmt, sollte man genau überlegen. Dennoch sollten Immobilien als Anlageklasse auch Teil eines Portfolios mit langfristiger Ausrichtung sein.

Da es bei Einzelkäufen immer ein Klumpen- und Standortrisiko gibt, könnte man stattdessen auf einen breiten europäischen Immobilien-ETFs setzen. Die größte Position mit 13 Prozent ist Vonovia, jedoch spielen weitere Immobilien-Aktien und REITS (Real Estate Investment Trusts – insgesamt 61 Positionen) eine große Rolle. Der Fonds hat derzeit ein Volumen von ca. 900 Mio. Euro und eine Gesamtkostenquote von 0,4 Prozent p. a. Die Aktien werden physisch gekauft und die Dividendenrendite liegt bei 4,5 Prozent (quartalsweise Ausschüttung). Der Name lautet: iShares European Property Yield UCITS ETF (WKN: A0HGV5 ).

Wie ist der ETF charttechnisch zu bewerten?

Mit einem Kurs von ca. 24 € ist man noch ca. 4 € von einer starken Unterstützung bei ca. 20 € entfernt. Darunter warten die Tiefs in der Finanzkrise bei ca. 14 €. Ob das aktuelle Niveau schon einen Boden darstellt, muss noch bezweifelt werden. Wer in diesen ETF investieren möchte, sollte also eher limitiert vorgehen und sich an den genannten Unterstützungsmarken orientieren.

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