You are currently viewing Hast g’sehn, wo da DAX steht! (6)

Hast g’sehn, wo da DAX steht! (6)

Die Reise durch die Börsenwelt geht weiter. Als ich noch für eine Vermögensverwaltung gearbeitet habe, wurde ich oft – wie oben beschrieben – von meiner Frau begrüßt. Das bedeutet, sie hatte mir vorher gesagt, wohin der Aktienmarkt laufen würde, und ich war anderer Meinung. Ratet mal, wer dann Recht hatte, wenn mir dieser Satz entgegenschlug?

Der Dax stieg höher als ich das erwartet habe – nämlich bis ca. 15.650. D.h. die alten Höchststände bei rund 16.200 Punkte sind nicht mehr weit entfernt. Erreichen wir die auch noch in den nächsten Wochen?

Dazu gleich einmal ein Blick auf den Chart. Wir haben nach dem schnellen Anstieg am Donnerstag und dem Rücklauf am selben Tag zusammen mit dem Freitag in einer Kerzenchart-Betrachtung einen sogenannten Evening-Star gebildet, der normalerweise eine Umkehr nach unten andeutet. Zusammen mit dem großen Chartbild, welches einen „Wolve-Keil“ zeigt, könnte es nun in den nächsten Monaten abwärts gehen. Dazu müsste aber nach Charttheorie der Dax bis einschließlich Mittwoch, 15.02., unter die Marke von ca. 15.050 fallen. Dann wäre das Ziel dieser Formation ein Dax von ca. 13.700 Punkten. Ist das realistisch?

Quelle: Stock 3, Eigene Bearbeitung
Derzeit stehen einer angeblich doch nicht zu konsequenten Inflationsbekämpfung bereiten Notenbank immer optimistischer werdende Börsenteilnehmer gegenüber. Institutionelle und private Anleger sind wieder von defensiven Aktien stark in Risikotitel umgestiegen. Titel, die sich im letzten Jahr gut gehalten hatten – wegen niedrigerer Bewertung und solider Bilanzen – wurden zuletzt als langweilig verkauft und man stieg erneut in (zum Teil unprofitable) Technologietitel um. Nach dem Stimmungsindikator Greed & Fear (Gier und Furcht), der bisher die Stimmung in Wall Street immer ausgezeichnet einfing, waren zuletzt wieder 80% in der Gier-Ecke positioniert. Jedes Mal, wenn dieser Indikator in diese Region stieg (Rekordhoch 2021 mit 81) setzte zumindest eine vorübergehende Wende nach unten ein. Andere Timing-Indikatoren, wie z.B. von Morgan Stanley (mit über 2 in der Verkaufszone) und das Put-Call-Ratio geben ähnliche Signale.
Quelle: Finanzwoche
Quelle: Finanzwoche
Quelle: Finanzwoche
Dazu kommt die ungewöhnlich niedrige Volatilität bei Aktien, die minimale Vorsicht der Anleger signalisiert. Nimmt man die Renditedifferenz zwischen US-Staatsanleihen und spekulativen US-Unternehmensanleihen, so ergibt sich sogar ein Verkaufssignal, das es in den vergangenen 100 Jahren nur selten gab. Zum Beispiel 1929 oder 2007.
Quelle: Finanzwoche
Quelle: Finanzwoche
Grundsätzlich senkt die Zentralbank die Zinsen, wenn die Rezession beginnt. Die Zinsen wurden zwar schon häufig vorher gesenkt, aber die Börse drehte im Allgemeinen erst, wenn 70% des Zinssenkungsprozesses der Notenbank bereits vollzogen waren. Es gab bei der ersten Zinssenkung zwar wiederholt scharfe Kurssteigerungen, die sich aber sehr schnell ins Gegenteil umkehrten. Derzeit erscheinen die Hoffnungen, dass das Börsentief, zumindest in den USA, bereits hinter uns liegt, verfrüht, da sich die Notenbank auf weitere Zinserhöhungen festgelegt hat und voraussichtlich dieses Jahr nicht senken wird. Zumal bisher die Rezession noch gar nicht begonnen hat.
Quelle: Finanzwoche
Ähnlich starke Kursgewinne – besonders bei spekulativen Aktien – wie zuletzt gibt es im Allgemeinen nur in Aufwärtsbewegungen innerhalb eines Abwärtstrends (Bear Market Rallyes), weil ein Großteil der Käufe durch das Eindecken von zuvor leerverkauften Aktien geschieht. Auf welch wackeligen Füßen dieser Anstieg steht, zeigt der Blick auf die Liquiditätsversorgung durch die Fed. Seit September letzten Jahres vermindert sie diese durch monatliche Anleihen-Verkäufe über 95 Mrd. $. Dadurch wurde ihre Bilanz um 444 Mrd. $ von 8,915 Bio. $ auf 8,471 Bio. $ per 25. Januar reduziert. Das hätte sich eigentlich sehr schlecht auf die Wall Street auswirken müssen, stattdessen aber steigen die Aktienkurse im Trend seit Oktober.

Der Hintergrund dürfte darin liegen, dass das amerikanische Schatzamt (Treasury) vom 01.06.2022 bis zum 18.01.2023 die eigene Liquidität (durch Rechnungsbezahlung) um 403 Mrd. $ von 781 Mrd. $ auf 378 Mrd. $ verminderte. Somit wurde die Bremswirkung der Zentralbank durch die Liquiditätsfreigabe des Schatzamtes in etwa aufgehoben. Die Barbestände des Schatzamtes reichen wegen der Schuldengrenze (die wahrscheinlich spätestens im Sommer angehoben wird) nur noch wenige Monate. Dann laufen diese positiven Effekte durch Rechnungsbezahlung aus. Spätestens zu diesem Zeitpunkt dürfte also die sogenannte „Quantitative Tightening“-Politik der Notenbank voll auf die Liquiditätslage durchschlagen und damit eine negative Auswirkung auf Konjunktur und Börse haben.

Quelle. Finanzwoche

Mit dem üblichen Verzögerungseffekt (der allerdings in der Vergangenheit stärker variierte) hatte eine solche Bremspolitik der Notenbank immer – ohne Ausnahme – eine Rezession und Börsenbaisse ausgelöst. Damit dürften die Aktienkurse nicht nur in Wall Street im Jahresverlauf noch einmal erheblich unter Druck kommen (Durchschnitts-Baisse in den USA im langfristigen Vergleich -27%).

Fazit:

Selbst wenn die Aktienmärkte – wie eingangs am Beispiel des Dax-Index gezeigt – kurzfristig noch nicht den Weg nach unten suchen, wird es in den nächsten Monaten schwierig für nachhaltige Kursanstiege. Deshalb ist es ratsam, sich mit Indexkäufen zurückzuhalten. Einzelne Aktien können natürlich interessant sein, aber insgesamt ist das keine Situation mehr, in der man investieren sollte.

Dem ist nichts hinzuzufügen!

Wer sich für das Traden interessiert

Bitte den Disclaimer lesen

Teile den Beitrag

Schreibe einen Kommentar